Am 10. September feiert man in der Volkrepublik China den Lehrertag. In Taiwan begeht man den Lehrertag am 28.September, dem Geburtstag von Konfuzius.
Ich nehme diesen Feiertag zum Anlass, über ein häufig verwendetes Kompliment für Lehrpersonen zu sprechen.
Das Chengyu
桃李满天下 Táolǐ mǎn tiānxià
Bedeutung: Pfirsiche und Pflaumen finden sich überall auf der Welt.
Ein schönes Kompliment an Lehrkräfte:
- Die vom Lehrer geförderten Schüler werden „Pfirsiche und Pflaumen“ genannt.
- Die kultivierten Früchte – d.h. die Schüler – sind auf der ganzen Welt zu finden.
- Lehrpersonen sind nach diesem Bild die „Baumgärtner“.
Hier handelt sich um ein 成语 Chéngyǔ mit fünf Zeichen. Wie alle Sprichwörter dieser Art steckt eine Geschichte hinter diesem Ausdruck, im Chinesischen auch 历史故事 lìshǐ gùshì genannt.
Leider sind dieser Spruch und seine Geschichte nicht aufgenommen in die schöne Chengyu-Sammlung auf der Seite des Konfuzius-Instituts München. Bei den Gutenacht-Geschichten für Kinder 睡前故事 shuì qián gùshì auf Youtube wird man fündig und kann die Geschichte auch ohne chinesische Sprachkenntnisse nachvollziehen.
Die Geschichte für Kinder
Genannt wird in dieser Geschichte der Lehrer 子质 Zǐzhì, der in der Zeit der Frühlings- und Herbstannalen (chin. 春秋时期 chūnqiū shíqí) lebte und viele Schüler unterrichtete. Als Andenken an ihn pflanzten diese nach ihrer Studienzeit in ihrem Garten einen Pfirsich- und einen Pflaumenbaum – so wie sie es im Schulgarten des Lehrers vorgefunden hatten.
Im Videotext heißt es:
子质开了一家学堂教人读书。学堂的院子里有一棵桃树和一棵李树。每个来拜师的学生在两棵树下向子质行礼。为了感谢子质的教导,学生们也在他们的院子里种上一棵桃树和一棵李树。
Zǐzhì kāile yī jiā xuétáng jiào rén dúshū. Xuétáng de yuànzi li yǒu yī kē táoshù hé yī kē lǐshù. Měi ge lái bài shī de xuésheng zài liǎng kē shù xià xiàng Zǐzhì xíng lǐ. Wèile gǎnxiè Zǐzhì de jiàodǎo, xuéshēngmen yě zài tāmen de yuànzi lǐ zhǒngshàng yī kē táoshù hé yī kē lǐshù.
(Der Text wird so auch verständlich für diejenigen, die etwas Chinesisch können.)
Die historische Quelle
Tatsächlich geht der erste schriftliche Bezug auf eine Geschichte zurück, in der 子质 Zizhi eine wichtige Rolle spielt. Die Geschichte ist allerdings sehr viel tiefgründiger und steht in der konfuzianischen Tradition.
Sie wird im 《韩诗外传》, einem Werk aus der Han-Dynastie, geschildert.
In Kapitel 7 wird erzählt:
Zizhi beklagte nach seinem Weggang aus dem Staat Wei, er habe viele junge Beamte gefördert, die ihm nun keine Loyalität zeigten.
Sein Gesprächspartner 簡主 Jiǎnzhǔ antwortete:
夫春树桃李,夏得阴其下,秋得食其实。春树蒺藜,夏不可采其叶,秋得其刺焉。
Wenn du im Frühjahr Pfirsich- und Pflaumenbäume pflanzt, wirst du im Sommer Schatten haben und im Herbst die Früchte genießen. Pflanzt du im Frühjahr Kalmus, wirst du im Sommer keine Blätter haben und im Herbst Dornen ernten.
Und seine Schlussfolgerung:
由此观之,在所树也。今子所树非其人也,故君子先择而后种也。
So gesehen kommt es darauf an, was du pflanzt. Der Edle wählt zuerst aus, bevor er sät.
Das Fazit: Die Geschichte kann man so interpretieren, dass die Lehrperson auch immer den Charakter der auszubildenden Personen betrachtet und neben der akademischen Ausbildung auch immer die Förderung der Persönlichkeit – die Herzensbildung – anstrebt.
Ein Gedanke, der bis heute Teil der chinesischen Bildungsaufgabe ist – und somit gut zum Lehrertag passt.
Ein Video zu dieser Darstellung der Geschichte auf Youtube mit englischen Untertiteln findet sich hier.
Wer die Zeichen nicht selbst schreiben möchte, aber die Möglichkeit hat, Zeichen mit dem Eingabeprogramm auf Word zu schreiben, kann ein Foto mit den Zeichen gestalten mit Hilfe eines einfach zu bedienenden Programms.
Mein Ergebnis:
Vor allem chinesische Lehrerinnen und Lehrer freuen sich zum Lehrertag über eine Karte mit diesem Chengyu – geschrieben oder gedruckt.
Probieren Sie es aus!
Zum Lehrertag habe ich auf dieser Webseite über die Bedeutung des Lehrertags geschrieben.
Bei www.chinesischunterricht.de findet sich zu diesem Thema ein weiterer Blogbeitrag.