Joshua Wang ist für mich ein absolut bewundernswerter Mensch.
Ich habe gerade sein Buch (geschrieben mit Co-Autor Jason Y. Ng) gelesen mit dem Titel: „Unfree Speech: Nur wenn alle ihre Stimme erheben, retten wir die Demokratie.“ Ich habe als Person nicht die intellektuelle und moralische Kraft wie Joshua Wong, aber ich möchte mich dennoch von ihm – im Rahmen meiner Möglichkeiten – inspirieren lassen. Und ich möchte über ihn berichten.


Ein Modell zur bildhaften Darstellung von Kultur ist die Kulturzwiebel, entwickelt vom Kulturexperten Geert Hofstede. Das Zwiebelmodell umfasst von der äußeren zur inneren Zwiebelschale 1) Symbole, 2) Helden, 3) Rituale und 4) den Zwiebelkern: die Werte. Die zweite Schicht, die Helden, sind Personen, tot oder lebendig, echt oder fiktiv, die Eigenschaften besitzen, die in einer Kultur hoch angesehen sind. Ich halte viel davon, die Helden einer fremden Kultur näher zu betrachten und kennenzulernen, um kulturelle und gesellschaftliche Phänomene zu beleuchten.

Ich teile mit vielen Bürgern von Hongkong den gleichen Helden: Joshua Wong. Er vertritt meine Werte – und setzt sich damit großer Gefahr aus.
Ich bin zutiefst beeindruckt von seiner unerschütterlichen Haltung, sich für die Demokratie einzusetzen und für seine Überzeugungen auch Gefängnisstrafen in Kauf zu nehmen.

In seinem Buch beschreibt er seine Aktionen als Initiator der Bewegung Scholarism gegen die Einführung des neuen Schulfachs „Moralische und Nationale Erziehung“ in Hongkong, die die Regierung in Beijing veranlasst hatte. Joshua war damals – 2011 – erst 15 Jahre alt. 18 Monate dauerte der Kampf und kulminierte in einem Massenprotest mit 120.000 Personen. Im Oktober 2012 zog die Regierung in Hongkong das „Gehirn-Wäsche-Reformvorhaben“ zurück.

2014 wurde Joshua Wong von Time-Magazine zu den 25 einflussreichsten Teenagern des Jahres gezählt. Man kann ihn mit Greta Thonberg vergleichen. Ich bin auch davon beeindruckt, dass er sich immer klar gegen Gewalt und Konfrontation mit dem Militär ausgesprochen hat.

Er hat sich in der Bewegung Scholarism dort engagiert, wo er „Experte“ und Betroffener war. Ich bin der Meinung, wenn jede/r dort, wo er/sie Expertise hat, öffentlich die eigene Meinung sagt und für seine/ihre Anschauung wirbt und eintritt, viel gewonnen ist für die Demokratie insgesamt. Wer soll für meine Rechte eintreten, wenn ich nicht selbst? Das gilt für SchülerInnen genauso wie für MedizinerInnen oder SinologInnen.

Joshua Wong spielte eine wichtige Rolle in der Regenschirm-Bewegung 2014 und als Gründungsmitglied der politischen Partei Demosisto im Jahr 2016.

Der Kampf um die Selbstbestimmung der Bevölkerung von Hongkong scheint durch das am 1.7.2020 verabschiedete Sicherheitsgesetz – zumindest auf absehbare Zeit – verloren.

Am 2. Dezember 2020 wurde Wong wegen einer nicht genehmigten Protestaktion im Juni 2019 vor der Hongkonger Polizeizentrale zu 13,5 Monaten Haft verurteilt.

In meinem Vortrag „Who is Who“: Einflussreiche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in China, stelle ich auch Joshua Wong vor.